Wasser in Märchen und Heldengeschichten

Wasser mit heilenden Kräften? Geheimnisvolle Ortschaften, die unter einem Gewässer versteckt sind? Verschiedene Vorstellungen über Wasser sind uns bis heute aus Märchen oder Heldengeschichten vertraut. Im Märchen Das Wasser des Lebens der Brüder Grimm begeben sich zwei Königssöhne auf die Suche nach dem Wasser des Lebens – einem mit heilsamen Kräften ausgestatteten Wunderwasser.

In anderen Märchen und Heldengeschichten fungiert Wasser als eine Barriere zu einer anderen – häufig zauberhaften – Welt.

In höfischen Erzählungen des Mittelalters überqueren die Protagonisten Flüsse oder werden von seltsamen Meerwesen oder Feen unter Wasser geführt und gelangen so in die Anderswelt. Die mittelalterliche Artus-Tradition erzählt vom Schicksal des jungen Lanzelet, der von einer Fee vor Verfolgern gerettet wird und mit ihr durch einen Brunnen auf eine geheimnisvolle Insel mitten in einem See gelangt. In einer anderen Erzählung trifft der Ritter Iwein auf eine feenhafte Quellenhüterin, die man nur durch einen besonderen Mechanismus an ihrer Quelle erreicht, der Sturzfluten und Unwetter hervorruft.

Der Frau-Holle-Teich in Nordhessen ist einer alten Sage nach unendlich tief und bildet den Eingang zum Reich von Frau Holle. Auch im später entstandenen Märchen Frau Holle der Brüder Grimm muss die Protagonistin in einen Brunnen springen bzw. fallen, um in das Zauberreich von Frau Holle zu gelangen.

Das Wasser des Lebens
„Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte, daß er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schloßgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte: ‚Ich weiß ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund: es ist aber schwer zu finden.‘“
Jacob und Wilhelm Grimm, Das Wasser des Lebens. Kinder- und Hausmärchen 97 (Berlin 1815).


Statue am Frau-Holle-Teich auf dem Hohen Meißner, 2004
Hölzerne Frau-Holle-Statue von Viktor Donhauser. Der sagenumwobene Teich im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis wird bereits seit dem 17. Jahrhundert im Zusammenhang mit Frau Holle erwähnt. Die Brüder Grimm besuchten ihn im frühen 19. Jahrhundert.